Tech ready for take-off: Warum Fraunhofer Spin-offs erfolgreich sind
Fraunhofer-Ausgründungen und Beteiligungen sind statistisch betrachtet deutlich stabiler als Gründungen ohne ein vergleichbares Umfeld. Die überwiegende Mehrzahl ist auch drei Jahre nach Gründung aktiv – viele sogar außerordentlich erfolgreich. Wir sprachen mit Markus Weitzel, Investment Manager bei Fraunhofer Venture und erfolgreicher Tech-Gründer, zu den besonderen Erfolgsfaktoren von Ausgründungen der Fraunhofer-Institute.
Markus, immer wieder liest man von Studien, die zeigen, dass nur zwischen 20 und 30 Prozent aller Start-ups die ersten drei Jahre nach Gründung überleben. Bei Fraunhofer-Ausgründungen ist die Überlebensquote eher umgekehrt. Worauf führst du die außerordentliche Beständigkeit von Fraunhofer-Start-ups zurück?
Zunächst bin ich der Meinung, dass die Überlebensrate zwar eine relevante Kennzahl, aber nicht der wichtigste Gradmesser für Erfolg ist. Geschaffene Arbeitsplätze, der Umfang des Technologietransfers und nicht zuletzt soziale, ökologische und ökonomische Aspekte sind weitere relevante Dimensionen. Fraunhofer-Ausgründungen weisen dabei einen Mix aus verschiedenen Erfolgsfaktoren auf. Ein entscheidender Vorteil ist definitiv die Technologie: Fraunhofer-Start-ups beginnen nicht »from scratch«, sondern entwickeln Geschäftsmodelle auf Basis von Technologien, die oft aufgrund konkreter Marktanforderungen gemeinsam mit Kunden entstanden sind, die sehr weit fortgeschritten sind und an den Instituten über Jahre von Experten erprobt und technisch validiert wurden.
Wenn eine Technologie zur Ausgründung kommt, hat sie die Unterstützung eines führenden Forschungsinstituts und bereits eine Art »technical due dilligence« bestanden. Das ist ein entscheidender Unterschied zu anderen Gründungen, die ihre technologischen Grundlagen häufig selbst entwickeln, um Vertrauen kämpfen müssen und auf Startkapital und persönliches Investment angewiesen sind.
Stichwort Unterstützung durch die Institute und Fraunhofer-Programme. Im Start-up Ökosystem gibt es unzählige Acceleratoren und Inkubatoren. Worin siehst du die Vorteile der Betreuung durch Fraunhofer Venture oder des AHEAD-Programms?
Wir haben ein starkes Eigeninteresse am Erfolg unserer Ausgründungen. Fraunhofer-Spin-offs erschließen Marktpotenziale für eine bereits bestehende Technologie aus der Forschung und ermöglichen damit den Technologietransfer und gleichzeitig Rückflüsse an die Institute. Wir begleiten und betreuen unsere Ausgründungen deshalb sehr intensiv und versuchen, bereits in der Frühphase klare Aussagen über Potenziale und Erfolgswahrscheinlichkeiten zu gewinnen und die unternehmerischen Skills mit dem Team aufzubauen. Natürlich schließt das die Arbeit mit anderen Acceleratoren und Inkubatoren nicht aus – im Gegenteil – wir freuen uns über zusätzliche Unterstützung für unsere Spin-off-Teams.
Die enge Verzahnung mit dem Institut sorgt außerdem für ein technologisches Umfeld, das so nicht ohne weiteres zu finden ist. Ausgründungsprojekte können vor Gründung auf umfangreiche Ressourcen und Infrastruktur zugreifen, beispielsweise Test- oder Laborumgebungen. Meistens ist dies durch die enge Zusammenarbeit mit dem Institut auch nach der Gründung noch möglich, was gerade in den ersten Jahren ein großer Vorteil ist. Für Gründende ist die Eintrittsschwelle ins Unternehmertum aufgrund der hohen Technologiereife und der intensiven Vorbereitung relativ niedrig, das Fraunhofer-Investment durch die oft langjährige Forschungsarbeit und Vorbereitungszeit relativ hoch. Das umfangreiche »Derisking« im Vorfeld der Gründung sehen wir auch als einen entscheidenden Erfolgsfaktor unserer Ausgründungen.
Fraunhofer investiert bereits in der Frühphase in Ausgründungen und beteiligt sich an ausgewählten Spin-offs. Wie profitieren die Gründerteams davon?
Von der Begleitung durch Fraunhofer Venture sowie der Förderung durch das AHEAD-Programm profitieren alle Beteiligten: Die Forschenden erhalten den dringend notwendigen Freiraum zur intensiven Vorbereitung der Gründung in einem »sicheren Hafen«. Die Markt-, Produkt- und Teamreife der Spin-offs ist in der Folge vergleichsweise hoch, was letztlich auch zu der hohen Überlebensquote von Fraunhofer-Spin-offs führt. Ein Teil der Teams kommt in dieser intensiven Vorbereitung zu dem Ergebnis nicht zu gründen. Auch das ist Bestandteil der Ausgründungsvorbereitung.
Bei Fraunhofer-Beteiligungen, also Ausgründungen, bei denen die Fraunhofer-Gesellschaft und die Institute als Gesellschafter einsteigen, findet ein weiterer Selektionsschritt statt. Eine Beteiligung ist oft das Ergebnis langjähriger Forschung, Vorbereitung und Überprüfung. Hier steigt ein Forschungsinstitut als Experte und Risikoträger ein. Eine Beteiligung der Fraunhofer-Gesellschaft muss zudem den gesamten Vorstand überzeugen. Sie ist also nicht nur eine Bestätigung für eine vielversprechende Technologie, sie zeigt auch, dass die Fraunhofer-Gesellschaft insgesamt hinter dem Team und dem Geschäftsmodell steht.
Fraunhofer agiert also bei Beteiligungen wie ein klassischer Investor?
»Jein«. Natürlich sind unsere Beteiligungen auch Business Cases, die betriebswirtschaftlich durchgerechnet und in Bezug auf das Erlöspotenzial betrachtet werden. Oft investieren wir als Co-Investor auch gemeinsam mit Venture Capital Investoren. Im Fokus steht aber der erfolgreiche Technologietransfer. Unsere Betreuer-Tandems begleiten dabei von der ersten Idee bis zum erfolgreichen Markteintritt und darüber hinaus. Neben unternehmerisch erfolgreichen Spin-offs legen wir dabei auch Wert darauf Ausgründungen zu unterstützen, die gesellschaftlichen Mehrwert schaffen, indem sie beispielsweise eine Problemlösung umsetzen, die zu den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen beiträgt. Als Fraunhofer-Gesellschaft sind wir deshalb auch sehr flexibel bei unseren Beteiligungsmodellen. Ein ausgewogener Zielmix trägt dazu bei, dass Fraunhofer-Spin-offs gut aufgestellt sind.
Welche Rolle spielt das Ökosystem von Fraunhofer, beispielsweise die Kontakte zu Investoren und Unternehmen, für den Erfolg von Start-ups?
Das Ökosystem von Instituten und von Fraunhofer Venture ist ein weiterer Startvorteil für Fraunhofer-Ausgründungen. Die Institute verfügen über hervorragende Netzwerke in die Zielbranchen und bahnen nicht selten Erstkontakte zu Kunden in der Industrie an. Wir bei Fraunhofer Venture arbeiten mit vielen Tech-Investoren regelmäßig zusammen und haben Kontakte zu den meisten Akteuren im deutschen Deeptech-Ökosystem. Das ermöglicht uns, als Türöffner und Kontaktvermittler zu passenden Investoren zu fungieren, was die Suche nach Kapitalgebern vereinfacht und beschleunigt.
Der Fraunhofer Investment Hub, den wir Ende letzten Jahres gestartet haben und der von Start-ups und Investoren bisher gut angenommen wird, soll zur zentralen Plattform unseres Ökosystems werden und die Kontaktaufnahme und den Austausch weiter vereinfachen.
Markus, vielen Dank für deine Zeit und den Blick hinter die Kulissen erfolgreicher Arbeit mit Fraunhofer Spin-offs.