Die Start-up Fabrik des Fraunhofer IPA

Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA steht nicht nur für zahlreiche namhafte Ausgründungen und erfolgreiche junge Tech-Unternehmen, sondern seit kurzem auch für einen institutseigenen Start-up Inkubator. Wir sprachen mit Stephan Nebauer, Geschäftsbereichsleiter Start-up Inkubation, über Strategie und Arbeitsweise der neuen »Fabrik für erfolgreiche Tech-Unternehmen«.

© Fraunhofer IPA/Foto: Rainer Bez
Das Start-up Support Team: Christian Kurrle, Stephan Nebauer und Christoph Schaeffer (von links nach rechts)

Stephan, was ist die Zielsetzung des Inkubators?

Der Start-up Inkubator ist eine direkte Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung, mit der Technologietransfer durch Ausgründungen und Partnerschaften zum »New Normal« in der Forschung werden soll. Wir sind keine Abteilung, sondern Teil eines neu gegründeten Geschäftsbereichs, in dem Ausgründungen, Lizenz- und Patentgeschäfte sowie enge Kooperationen mit internationalen Universitäten und Instituten zu einer schlagkräftigen Transfereinheit gebündelt sind und von fünf erfahrenen Experten begleitet werden. Transfermöglichkeiten sollen damit automatisch in Forschungsprojekte integriert werden. Wir haben bei der Analyse unserer Transferaktivitäten festgestellt, dass die Verwertung sehr stark von Persönlichkeiten in den Abteilungen, Teams und Bereichen abhing. Unser Ziel war es, jedem Forschenden und jeder Führungspersönlichkeit eine möglichst einfache Infrastruktur für den Transfer zu bieten, um das volle Potenzial für Technologen und Kompetenzen aus der Forschung zu realisieren. Der Inkubator richtet sich speziell an Spin-offs und ausgründungsinteressierte Forschende. Auch (externe) Serial Entrepreneure sind bei uns herzlich willkommen.

Worin liegt der konkrete Vorteil eines eigenen Geschäftsbereichs für Ausgründungen?

Wir sind sehr vereinfacht ausgedrückt eine Mischung aus internem Dienstleister, Ausgründungsagentur und Vertriebsberatung für die Projekt- und Abteilungsleiter, ausgründungsinteressierte Wissenschaftler und unsere Spin-off Teams. In der klassischen Forschungsstruktur waren die Führungspersönlichkeiten für alle Transferfragen fast allein verantwortlich: Forschung, Personal, Transfer, Akquise, Förderungen und vieles mehr. Das war in unserer Analyse weder für die Wissenschaft, noch für den Transfer besonders effektiv. Jetzt übernimmt unser Team einen Großteil der forschungsfernen Aufgaben, berät parallel zur Forschung, organisiert zusätzliche Mittel und Kompetenzen und entwickelt Machbarkeitsszenarien, mit denen unsere Führungskräfte planen können. Ein großer Leistungsbaustein ist die aktive Mitgestaltung der Spin-offs. Wir unterstützen diese Start-ups auch finanziell vor und nach der Gründung durch Förderprogramme und Co-Investments bei Beteiligungen und wollen so gemeinsam den Wert der Unternehmen steigern und attraktiv für weitere Investoren machen. Wir agieren außerdem als Vertriebsorganisation und identifizieren Technologiechancen am Markt, finden Technologielücken und holen aktiv Projekte und Mittel ans Institut.

Wie passt der Instituts-Inkubator zu den Transferinitiativen der Fraunhofer-Gesellschaft wie Fraunhofer Venture oder dem AHEAD-Programm?

Wir verstehen uns als Enabler dieser Initiativen vor Ort und im Institut. Wir arbeiten mit den Kolleginnen und Kollegen von Fraunhofer Venture und AHEAD fast täglich zusammen. Fraunhofer Venture hat Top-Experten für alle fachlichen Fragen und AHEAD ist inzwischen auch extern zu einer Marke geworden. Mit dem Inkubator können wir jetzt auch deren Arbeit viel besser vor Ort verankern, bevor Fraunhofer Venture und AHEAD selbst tätig werden können. Wir loten mit den Forschenden Anwendungspotenziale synchron mit der wissenschaftlichen Arbeit aus, wir haben als Teil des IPA die Technologienähe und betreuen die Teams persönlich. Das macht auch die Transfer-Services aus der Fraunhofer-Zentrale wirksamer: Wir können Potenziale im Institut und am Markt erkennen, bevor ein Projekt aufgesetzt oder eine Technologie vollständig ausgeforscht ist. Wir können in jeder Phase eines Forschungsprojekts aktiv werden und den Kolleginnen und Kollegen helfen, konkrete Bedarfe und Herausforderungen proaktiv in ihrer wissenschaftlichen Arbeit anzugehen. Forschung und Transfer arbeiten synchron und iterativ, nicht mehr nacheinander. Wir schaffen also beim Institut die Grundlagen, auf die Fraunhofer Venture und AHEAD aufbauen können. Unser Fokus liegt auf der Vorphase und der marktnahen Technologieentwicklung nach der Ausgründung.

Ihr bleibt also auch an Bord, wenn ein Unternehmen ausgegründet worden ist. Wie arbeitet der Inkubator für Fraunhofer-Spin-offs?

Das ist der zweite entscheidende Aspekt unserer Arbeit: Start-ups auf Basis von Fraunhofer-Technologie sind natürlicherweise organisatorisch, technisch und personell eng mit dem Institut verbunden. Wenn diese Verbindung nach der Ausgründung aus rechtlichen Gründen relativ abrupt gelöst wird, schafft das eine gewisse Hürde. Mit dem Inkubator können wir jetzt dafür sorgen, dass Start-ups sehr forschungsnah weiterarbeiten und bei der Entwicklung weiterhin auf die technische Infrastruktur des Instituts zurückgreifen können.

Wir können für Spin-offs im Inkubator Verbindungen je nach Bedarf aufrechterhalten, lösen oder sogar noch erweitern, wenn es für die Entwicklung erforderlich ist. Ein Beispiel aus der Praxis: Eines unserer Start-ups entwickelt ein hoch automatisiertes System für die automatisierte Konfektionierung von Kabeln in Großanlagen. Das Team sitzt zeitweise im selben Raum mit den Wissenschaftlern am Institut und nutzt die vorhandene Infrastruktur und die IP als externer Partner weiter. Natürlich sind hierfür Nutzungsgebühren über vertragliche Regelungen wie Lizenz- und Kooperationsverträge notwendig. Dafür können wir im Vergleich zu einem Neustart in einem technologiefernen Inkubator ein viel höherwertiges technisches Umfeld bieten, das sofort und sehr kostengünstig genutzt werden kann. Wir haben dabei viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der Zusammenarbeit und bestimmen gemeinsam mit den Spin-off Teams den optimalen Modus für beide Seiten. Das spart den Start-ups viel Zeit und Aufwand und ist auch ein interessantes Modell für das Institut: Aus den einzelnen Ausgründungen entsteht ein Ökosystem an Partnern, die kontinuierlich Rückflüsse generieren und wie Scouts neue Bedarfe und Anwendungsmöglichkeiten für die Forschung identifizieren. Wir gestalten mit dem Inkubator auch den zukünftigen Mittelstand mit und verstehen das als Kreislauf. Sprich wenn wir viele erfolgreiche Gründungen und damit Unternehmen hervorbringen, fließen Aufträge über diese Unternehmen zurück ans IPA über gemeinsame Forschungsprojekte oder Industrieprojekte.

 

Stephan, vielen Dank für deine Zeit und den spannenden Hintergrund zum Start-up Inkubator. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit bei Tech-Transfer und Ausgründungen mit euch! 

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