Smart Money für Deep-Tech: Wie der HTGF Fraunhofer Spin-offs bei Markteintritt und Skalierung unterstützt
Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) gehört zu den wichtigsten Institutionen für die Finanzierung und Unterstützung von Deep-Tech-Gründungen in Deutschland. Fraunhofer Venture arbeitet seit vielen Jahren mit dem HTGF zusammen. Im Rahmen der Kampagne #tech2market sprachen wir mit Dr. Markus Kückelhaus, Partner im Industrial Tech Team des HTGF, über Möglichkeiten und Potenziale zur Skalierung von Ausgründungen aus der Forschung.
Der HTGF geht als einer der wenigen industrieübergreifenden Seed-Investoren bewusst im Bereich Deep-Tech voran und ist in diesem komplexen Feld erfolgreich. Was zeichnet euch aus?
Wir verstehen uns nicht ausschließlich als externer Kapitalgeber, sondern als Teil des Deep-Tech-Ökosystems: Die meisten unserer Mitarbeitenden haben Technologie- Forschungs- oder Start-up Hintergrund. Wir versuchen, uns in ein Team, die Marktperspektive und die spezifischen Herausforderungen hineinzuversetzen, um die Erfolgschancen zu bewerten. Wenn Leute selbst aus der Halbleiter-Industrie kommen, im Bereich Space-Tech, Quanten-Computing oder Photonics gearbeitet haben, haben sie einen anderen Zugang zu Gründenden aus der Forschung. Vor allem können sie Potenziale und Kapitalbedarf einschätzen. Das ist ein strategischer Vorteil für uns. Wir sind sehr gut vernetzt in alle Bereiche des Deep-Tech-Ökosystems, können mit Ausgründenden Forschern auf Augenhöhe über Deep-Tech-Themen sprechen und Teams als Sparringspartner begleiten. Bei Fraunhofer-Ausgründungen arbeiten wir eng mit Fraunhofer Venture, auch im Rahmen des Transferförderprogamms AHEAD und dem FTTF zusammen.
Worin siehst du die besonderen Stärken von Fraunhofer-Spin-offs? Und wo könnten sie noch besser werden?
Fraunhofer-Teams bringen ein extrem hohes Technologieverständnis mit - das ist ihr Alleinstellungsmerkmal, dass sie in bestimmten technologischen Nischen fast konkurrenzlos macht. Das ist natürlich auch für uns als Investor hochspannend. Dieser »unfaire Vorteil« gegenüber Mitbewerbern birgt allerdings auch eine besondere Herausforderung: die beste Technologie ist wertlos, wenn sie keinen Markt findet. Hier müssen viele Ausgründende aus der Forschung dazu lernen oder ihre Teams entsprechend ergänzen. Die Grundfrage für Gründende aus der Forschung ist: Wie kann ich auf Basis meiner Technologie eine Lösung für ein konkretes Problem am Markt entwickeln und diese Lösung dann auch kommerzialisieren? Natürlich können wir oder die Kolleginnen und Kollegen von Fraunhofer Venture helfen, entsprechende Skills mit aufzubauen, aber interner Kompetenzaufbau ist nicht immer der effektivste Weg für Start-up-Teams.
Sondern? Wie erlangen Gründende aus der Forschung ihre »Team-readiness«?
Die Erfolgsformel für erfolgreiche Start-up Teams ist die gesamte Mischung an professionellen Skills und persönlichen Faktoren wie Motivation, Kooperationsbereitschaft, Ausdauer, die Fähigkeit, Belastungen gemeinsam zu bewältigen und zusammen an der Aufgabe zu wachsen. Gründer-Teams sollten hier offen für externe Lösungen und neue Kollegen mit Kommerzialisierungserfahrung sein. Teams müssen die eigenen Stärken und Schwächen erkennen können und bereit sein, eigene Defizite durch Kooperationen oder externe Manager auszugleichen – nur so können auch ihre Stärken voll ausspielen.
Gerade Menschen ohne Gründungserfahrung neigen dazu, ein Unternehmen wie einen Besitzstand zu sehen, ein kleines Königreich, bei dem man besser nichts abgibt – aber genau das ist falsch: Wenn man Technologien schnell in Richtung Marktreife entwickeln und skalieren will, muss man abgeben, delegieren, beteiligen und involvieren. Es dauert viel zu lange, alle Skills einzeln intern aufzubauen und Zeit ist gerade bei neuen Technologien einfach extrem erfolgskritisch. Je komplexer die Technologie, desto diverser sollte das Team sein und möglichst viele Kompetenzen und Persönlichkeitstypen abdecken.
Stichwort Smart Money: Seid ihr eine Art Türöffner-Investor für Kontakte, Expertise und mögliche weitere Kapitalgeber?
Das ist unser Ziel. Bei jungen Tech-Unternehmen und gerade bei Ausgründungen fehlt es selten an potenziellen Geldgebern, sondern an Zugängen – zu Kundensegmenten, komplementären Partnern auf Industrieseite, Expertise für den Markt oder zusätzlichem Personal für die praktische Implementierung. Hier setzen wir mit unseren Partnern bei Fraunhofer an: Tech-Start-ups brauchen kein schnelles Geld, sondern eine langfristige Finanzierungs- und Unterstützungsperspektive für die Entwicklung Richtung Marktreife. Die Währung für solche Investments ist Smart Money. Wenn wir von einer Idee und einem Team überzeugt sind, sorgen wir neben unserer Finanzierung für Kontakte zu potenziellen Industriepartnern, anderen Start-ups oder weiteren Investoren. Der HTGF als Public Private Partnership arbeitet mit vielen Partnern für Themen wie Bio-Tech, Hardware-Entwicklungen und vielen anderen Technologiefeldern zusammen. Unternehmen wie Bosch, SAP, Schneider Electric und viele andere Akteure auf dem Weltmarkt können Technologien sehr gut beurteilen und mit ihrer Kundenexpertise und ihren Kontakten einen Marktzugang wesentlich erleichtern.
Deine Meinung: Wie können Organisationen wie der HTGF oder Fraunhofer Deep-Tech Start-ups erfolgreicher machen? Wie können Ausgründungen noch besser skalieren?
Indem wir unsere Stärken noch weiter bündeln und an den typischen Schwächen arbeiten. Es ist kulturtypisch für den Standort, dass wir Weltspitze im Labor sind, aber bei der Skalierung von Möglichkeiten und Markterfolgen meist noch deutlich zulegen können.
Ich habe ja schon vor meiner Zeit beim HTGF auf Seiten der Industrie viel mit Fraunhofer zusammengearbeitet und finde, dass man gerade mit Fraunhofer Venture, dem AHEAD-Programm und dem Fraunhofer Technologie-Transfer Fonds (FTTF) gewaltige Fortschritte gemacht hat. Noch vor 15 Jahren endete die Zusammenarbeit mit Fraunhofer-Forschenden meist genau an der Schwelle zur Kommerzialisierung und zum Markteintritt, weil das intern nicht gut abgebildet werden konnte. Das ist heute anders: Wir wissen, dass ausgründende Teams bereits Grundstrukturen entwickelt und Realitätstests bestanden haben, bevor der HTGF ins Spiel kommt. Die Spin-off Teams sind heute viel besser vorbereitet, sie sind fokussierter auf unternehmerische Belange und als Team weiter bei den erforderlichen Skills. Für uns als Investoren und Begleiter sind das wesentliche Vorarbeiten für eine Ausgründung. Trotzdem glaube ich, dass wir gemeinsam noch viel mehr wirtschaftliches Potenzial realisieren könnten, gerade weil das Portfolio an Zukunftstechnologien so immens ist. Im internationalen Vergleich sind wir am Standort Deutschland auch bei Ausgründungen und Genehmigungen überreguliert. Dadurch verlieren wir an Geschwindigkeit bis zur Marktreife und nutzen Ressourcen noch nicht effizient.
Markus, vielen Dank für deine Zeit und deinen Input. Wir freuen uns auf viele weitere gemeinsame Aktivitäten mit dem HTGF – gerne auch in Rahmen unserer #tech2market-Kampagne für mehr Ausgründungen und eine verbesserte Skalierung.
Weitere Informationen
- Über Dr. Markus Kückelhaus
- Über den High-Tech Gründerfonds
- Über AHEAD (ahead.fraunhofer.de)