Build, test, repeat, succeed: Der erfolgreiche Pivot des Fraunhofer Spin-off Convit

Das Fraunhofer Spin-off Convit GmbH, eine Ausgründung des Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS unterstützt Medienunternehmen dabei, effiziente Daten- und Content-Prozesse aufzubauen. Mithilfe von Software und Künstlicher Intelligenz entsteht aus den weitverzweigten Datenlabyrinthen großer Unternehmen der Rohstoff der Zukunft: qualifizierte Daten, mit denen Verantwortliche einfach weiterarbeiten können. Vor einigen Monaten entschloss sich das Team zu einer radikalen Neuausrichtung des Geschäftsmodells: Statt individualisierter Lösungen für alle sollte eine umfassende Hightech-Lösung speziell für die Medienbranche geschaffen werden. Durch den Fokus auf diese Nische sollte das Potenzial der Technologie besser genutzt und das Wachstum beschleunigt werden. Wir blicken mit Jochen Schon, Gründer und CEO von Convit, hinter die Kulissen dieses Pivot: einer substanziellen Veränderung des Kundenangebots.

© Convit GmbH
Jochen Schon, Gründer und CEO von Convit

Jochen, Dein Unternehmen Convit hat in diesem Jahr eine geschäftliche Neuausrichtung vorgenommen, einen so genannten Pivot. Was hat Dich und Dein Team dazu veranlasst?

Zu dieser Neuausrichtung haben eine Erkenntnis und eine Chance geführt. Auch wenn wir mit unserer cloudbasierten Software-Plattform zur Analyse, Qualifizierung und Strukturierung von Daten erfolgreich gestartet sind und mit dem guten organischen Wachstum zufrieden sein konnten, waren wir uns sicher: Das volle Potenzial unseres Produkts und der Fraunhofer-Technologie dahinter hatten wir mit unseren aktuellen Projekten noch nicht realisiert.

Wir haben deshalb unser Portfolio analysiert und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass unsere sehr breite Aufstellung über viele Branchen hinweg und der individualisierte Einsatz unserer Plattform zu wenig skalierbar waren.

Gleichzeitig haben wir in der Zusammenarbeit mit großen Kunden aus der Medienbranche eine Nische identifiziert, für die es hohen Bedarf, aber derzeit kein passgenaues Angebot am Markt gibt. Wir haben uns deshalb entschieden, die Chance zu nutzen und uns zunächst auf eine Branche zu fokussieren. Statt des organischen Wachstums in die Breite verfolgen wir nun eine systematische Branchenlösung und reagieren auf den Bedarf der Zielgruppe.

Wie profitieren Medienunternehmen von eurem Pivot?

Durch unsere neue Ausrichtung können wir genau die Lösung bieten, die Medienunternehmen brauchen und erwarten. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Kunden zusammen und setzen ihr Feedback unmittelbar um. Wir entwickeln also laufend weiter und können agil und sehr flexibel auf neue Anforderungen reagieren.

Durch die Digitalisierung erwartet das Publikum, dass über alle Themen und Entwicklungen informiert wird – und zwar in Echtzeit, verlässlich über jeden Kanal und bestens recherchiert. Medienunternehmen stehen hier vor einer großen Herausforderung. Denn Recherche, Auswertung und interne Verarbeitung kosten viel Zeit, Aufwand und manchmal auch Qualität. Bei aktuellen Ereignissen müssen Themenrecherchen, Kuratierung und Verifizierung von Informationen, redaktionelle Planungen und vieles mehr idealer Weise gleichzeitig durchgeführt werden, aber das geben die derzeit vorherrschenden Technologien und Prozesse einfach nicht her. Auch modernste Medienhäuser arbeiten vielfach immer noch nach dem Silo-Prinzip geschlossener Abteilungen, mit einem Flickenteppich unterschiedlicher technischer Nischenanwendungen.

Und hier setzen wir an. Wir unterstützen Medienunternehmen dabei, effizient und einfach ihrer journalistischen Arbeit nachgehen zu können – und zwar crossmedial und ohne Silodenken. Unsere intelligente Cloud-Plattform bietet hier mit unserer KI-basierten Branchenlösung Newsmind Stories eine 360-Grad Lösung, die alle informations- und datenrelevanten Tätigkeiten übernehmen. Von der Themenplanung bis zur Distribution, und das auch für weltweit agierende Unternehmen. Wo früher interne Weitergaben, komplexe Prozesse und maximaler Aufwand unter Zeitdruck nötig waren, können wir mit Newsmind Stories sicherstellen, dass jede relevante Person im Unternehmen immer mit den aktuellsten Daten und medialen Inhalten arbeiten kann. Wir liefern gewissermaßen die Datengrundlage für die Arbeit im weltweiten Netzwerk, statt im Silo, und das ist für unsere Kunden jetzt schon ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Veränderungen am Geschäftsmodell sind nicht trivial. Häufig bedeuten sie auch ein interner Wandel oder den Wegfall von Umsatz. Wie hat sich der Pivot bei euch ausgewirkt und wie seid ihr als Team vorgegangen?

Natürlich ist so eine grundlegende Neuausrichtung ein drastischer Einschnitt, der wohl überlegt und vor allem methodisch gut umgesetzt werden muss. Wir waren uns allerdings sehr sicher, dass wir schneller wachsen und unsere Technologie besser nutzen können, wenn wir diesen Schritt wagen. Wir arbeiten sehr eng mit unseren Kunden zusammen und wurden vor allem von großen öffentlich-rechtlichen Medien darin bestärkt, auf Basis unserer bestehenden Anwendung und dem Potenzial der Technologie eine völlig neue Branchenlösung zu entwickeln.

Trotzdem hat eine solche Neuausrichtung etwas von einer zweiten Gründung: Man muss einiges hinter sich lassen und sich auf neues Terrain vorwagen, ohne gesicherte Aufträge zu haben. Wir haben beispielsweise alle Projekte aus anderen Branchen beendet und uns statt der diversen Lösungen für einzelne Unternehmen auf die eine, große Lösung für weltweites Arbeiten in der Medienbranche konzentriert.

Die Neuausrichtung haben wir zunächst mit einem Eigeninvestment finanziert, aber keine Einbußen verzeichnet, weil wir ja bereits zuvor erfolgreich waren und mit den neuen Lösungen schnell neue und größere Aufträge gewinnen konnten.

Was sind die Lehren, die Du aus der Neuausrichtung gezogen hast? Gibt es Tipps für andere Gründer*innen?

Erstens: Technologie alleine verkauft sich nicht. Manchmal ist es kein Vorteil, wenn man dank Fraunhofer die Technologie von Morgen im Heute anbieten kann. Erfolgskritisch ist nicht die Technologie, sondern ob sich ein potenzieller Kunde vorstellen kann, dass sein aktuelles Problem damit gelöst wird. Mein praktischer Tipp: Visualisiert eure Lösung, und zwar so einfach wie möglich, arbeitet mit Mock-ups und Prototypen beim Kunden und startet erst mit weiteren Entwicklungen, wenn ihr entsprechendes Feedback habt.

Zweitens: Bindet die richtigen Leute aus der Praxis an den entscheidenden Schnittstellen zum Kunden ein. Jemand mit Stallgeruch und Branchenerfahrung bewirkt hier viel mehr als der brillanteste Forscher.

Drittens: Nutzt eure Verbindungen zu Fraunhofer! Technologie ist nie abgeschlossen und die Win-Win-Konstellation ist es deshalb, wenn Anwender – Start-up und Forschung als Ökosystempartner kontinuierlich und strategisch zusammenarbeiten.

 

Jochen, vielen Dank für die offenen Worte und spannenden Einsichten in die Neuaufstellung von Convit mit Newsmind Stories – weiterhin viel Erfolg!

 

Du suchst, vermarktest oder unterstützt innovative Technologien? Dann kontaktiere uns!

Finde deinen Ansprechpartner

Weitere Informationen